Anregungen

Gedanken zum Jahreswechsel

1. Das Ritual:

Wenn wir heute Abend mit unserem Sektglas bereitstehen, um das neue Jahr zu begrüßen, könnte einem beim Blick durch das Glas wieder einmal diese so unendlich oft gestellte Frage in den Sinn kommen: „Ist mein Glas halb voll oder halb leer?“ Und genauso gut, wie die Frage, kennen auch alle die gesellschaftlich erwünschte, „richtige“ Antwort: „Mein Glas ist natürlich halb voll!“ Positiv denken, sich immer optimistisch zeigen, egal, was wirklich ist. So muss das sein. Dann kommt auch keine Unruhe auf und der Fragesteller ist zufrieden. Der Erkenntnisgewinn für beide ist allerdings auch nur sehr gering: Für den, der gefragt hat genauso, wie für den, der brav geantwortet hat.


Ich möchte Euch daher zwei Gedanken als Anregungen für diese Nacht mitgeben, die vielleicht ein wirkliches Gespräch daraus machen, bei dem sich auch Neues und Unerwartetes zeigen darf:

2. Die verbotene Antwort:

Das Glas darf auch mal halb leer sein. Nach so einem verrückten Jahr, wie es 2020 war, allemal. Das ist Teil der Realität vieler Menschen in diesen Tagen. Und das gehört zum Leben dazu. Und diese Antwort auszuhalten, gehört einfach dazu, wenn ich jemanden frage. Ich muss ja nicht gleich Lösungen und Ideen liefern. Nein, ganz und gar nicht. Es kann sogar besser sein, einfach mal zuzuhören und zu verstehen, wie es meinem Gegenüber geht. Das kann Dinge leichter machen und ein Weg sein, damit abzuschließen und positiver in das neue Jahr zu schauen. Es gehört vielleicht ein bisschen Mut für beide dazu, aber das, was daraus entstehen kann, ist es allemal Wert.

3. Neue Gedanken:

Mich wundert immer wieder, dass beim Anblick halb gefüllter Gläser eigentlich immer nur diese eine, berühmte Frage gestellt wird. Dabei gibt es so viele weitere Fragen, die sich hier förmlich aufdrängen. Beispiele gefällig?

Reicht mir der Inhalt des Glases?
Unabhängig davon, ob das Glas jetzt halb voll oder halb leer ist. Vielleicht genügt mir ja das, was (noch) im Glas ist. Zum Beispiel, weil ich schon zwei Gläser hatte. Dann ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass das Glas schon fast leer ist. 

Passt denn das Glas zum Getränk?
Aus Form und Größe des Gefäßes schließen wir unwillkürlich auf den Inhalt: In einem Sektglas gehört Sekt und in Bierglas Bier. Was wäre, wenn es mal umgekehrt wäre? Ein Bierglas halbvoll mit Sekt: wäre das auch noch gut?

Welches Getränk will ich denn?
Ist das in dem Glas vor mir überhaupt das Getränk, das ich wirklich mag? Vielleicht trinke ich ja eigentlich lieber etwas ganz anderes. Und schon schließen sich daran neue Fragen an: Was könnte das sein? Was mag ich eigentlich wirklich? Wieviel möchte ich davon? Und: Was kann ich tun, damit ich das erreichen kann, was mir wirklich wichtig ist? 

4. Neue Möglichkeiten:

Mit Antworten auf diese neuen / zusätzlichen Fragen könnten sich dann ganz neue Räume auftun für Anregungen und Ideen. Und vielleicht entsteht daraus sogar ein erster, Schritt in eine ganz neue Richtung, vielleicht noch ganz vorsichtig. Wie wäre das denn? Was damit alles möglich wird – im neuen Jahr, ab jetzt!? 

Vielleicht probiert es ja jemand aus, heute Abend, wenn die Kirchenglocken das neue Jahr einläuten. Ich bin gespannt. Und wer noch mehr anregende Fragen brauchen kann, der darf sich gerne ab morgen früh bei mir melden. Mir fallen sicher noch viele passende ein.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen einen wunderbaren und neugierigen Start in ein glückliches Jahr 2021!

Euer Bernhard Gößwein

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